Happy End – und eine Bitte…

Meike berichtet:

24.05.

„Letzte Nacht habe ich 9 Stunden geschlafen. Heute morgen wachte ich auf und hatte das Gefühl, wir werden heute fertig. Alles wird gut. Um halb zwölf holte Alena mich ab, im Auto ihr Freund und unsere Freunde aus Syrien und Marokko, handwerklich begabt und hochmotiviert. Und los ging’s nach Hörde. 
Nun ist es Abend. Die Küche steht und funktioniert, jedes Zimmer sieht aus wie ein Zimmer, im Bad hängen Spiegel, fast überall sind Vorhänge. Wir haben um halb sechs unsere Sachen zusammengepackt und hatten Feierabend.

   
 

Ohne jetzt kitschig sein zu wollen… unsere Jungs aus Syrien und Marokko haben uns in der letzten Zeit mehr als den Ar… gerettet. Wir brauchen jemanden, der eine Küche aufbaut – sie sind da. Bis alles hängt, nichts mehr wackelt oder schief steht, unermüdlich und teilweise mit Kopfschmerzen. 

   

 

Heute vor drei Wochen saßen wir bei Frau Af. und sagten ihr, dass wir sie und ihre sechs Kinder unterstützen möchten auf ihrem Weg. Heute verließen wir unsere Muddi mit sieben bezogenen Betten in einer voll eingerichteten Wohnung. Ich bin froh, dass morgen ein Tag Pause ist, aber das Gefühl ist unbeschreiblich gut. Die Familie schläft in ihrer eigenen Wohnung. Und Dienstag geht’s mit Auto in den Supermarkt.

Bei aller Freude geht mir ein Gedanke nicht aus dem Kopf. Drei Wochen Arbeit neben der Arbeit, um dieser Familie zu helfen. Lange und noch längere Tage mit Möbeltransporten und Spendensammeln. Und nun ist eine Familie versorgt. Was ist mit den ganzen anderen? Es fühlt sich für mich an wie ein Kampf gegen Windmühlen und ich hoffe einfach, dass viele Menschen das hier lesen und merken, wie wichtig, gut und erfüllend es ist, Auszugshilfe zu leisten. Wir brauchen mehr Leute!“

Text und Fotos: Meike Hermwapelhorst

„Dinge gehen schief, so ist es nunmal“

Meike berichtet:


23.05. 


„Die letzten Tage liefen konturlos ineinander. Freitag morgen nach einer kurzen Nacht die Sache mit der Arbeit für diese Woche abgehakt… konzentriert, aber flott, denn es gab soviel zu tun. Um 17 Uhr war Wohnungsübergabe. Als ich kam, war Alena mit der Mutter und zwei Kindern schon in der Wohnung nach einem großen Shoppingtrip für Gardinen & Co. Die Übergabe lief gut, dauerte auch nicht lange. Ein paar Fragen waren noch offen, dann war das auch erledigt. Mittlerweile kam Frau F. und brachte das vorletzte Bett mit Matratze. Und Feierabend. Erkenntnis: Lattenroste von 90×200 cm Größe können durchaus auch mal 100 (machbar) oder 80 (durchgefallen) groß sein. 

Freitag Abend war Soliparty im Rekorder. Vorher hab ich noch eine Stunde geschlafen, das hat gefühlt drei Stunden rausgeholt, aber um zwei Uhr war die Energie aufgebraucht. Trotzdem herrliche Stimmung und tanzende Menschen – egal, woher.
Kurz geschlafen, dann heute morgen Küche abholen. Wir kommen zum bisher schwierigsten Tag der ganzen Nummer. Um halb zehn trafen wir uns bei Alena mit ihrem Freund und einem gemeinsamen Freund und fuhren nach Witten zu der Küche, die wir bei eBay gefunden hatten. Sowas dreckiges würde ich im Leben nicht abgeben. Nichtmal umsonst. Als die pottdreckige Küche abgebaut war und um 11 Uhr der Transporter kommen sollte, standen wir unten und warteten. Bloß der Transporter kam nicht. Ein paar deutliche Telefonate später war klar: Da war etwas schief gelaufen. Aber hallo. Unser Glück: Der Transporter vom Adler-Kiosk war gerade frei und so saßen wir noch eine Dreiviertelstunde in Witten, bevor es weitergehen konnte. Zeitplan im Eimer, Stimmung so mittel – aber die Sonne schien.

In Dortmund haben wir die Küche nur in die Wohnung gestellt, die muss erstmal geputzt werden, bevor man sie wieder zusammenschraubt. Anschließend war Alena bei einem anderen Treffen für den Verein und ich sammelte noch Spenden mit ihrem Auto ein. Unter anderem das letzte Bett. 

   

 

Und das macht den Tag wieder erträglich: Morgen will unsere Familie einziehen und heute haben wir das siebte Bett geholt. Und Muddi hatte schon die Küche geschrubbt. Bäm!

Danach ging’s noch zum Baumarkt und dann ab zur Infoveranstaltung vom Verein im Rekorder. Auch hier: Reges Interesse, alles super. Jetzt Feierabend.

Fazit: Dinge gehen schief, so ist es nunmal. Aber man hat meistens doch noch Glück. Trotzdem achte ich bei der nächsten Küche darauf, wie alt sie ist.“


Text und Fotos: Meike Hermwapelhorst


„Ich bin Hulk“

Meike berichtet:

„20. Mai

Heute habe ich vor der Arbeit schon mit dem Vermieter telefoniert und wichtige Dinge geklärt. Strom und Co. meldet er an, darum müssen wir uns nicht kümmern. Das ist doch schon was. Eigentlich brauchen wir nur Telefon und Internet. Das kriegen wir hin.
Danach ging es weiter mit dem Transporter. Wir haben einen Kontakt über die Facebook-Gruppe bekommen, den ich anrief. Auch hier ein Erfolg – wir müssen zwar Samstag früher starten als geplant, aber da müssen wir trotz Party am Freitag jetzt durch. Der Besitzer der Küche weiß auch Bescheid und hat Zeit. Wir puzzlen, aber wir puzzlen gut.

Dann fällt auf: In der kompletten Sachspendenliste gibt’s keine 140-cm-Matratze. Also eBay. Da gibt’s eine, die infrage kommt. Der übliche Weg: Dem ältesten Sohn Foto und Preis nennen, er fragt seine Mutter, sie ist einverstanden, Matratze klarmachen. Heute ist kein Auto in Sicht, aber die kurze Verzweiflung endet, als ich sehe, dass die Matratze zwei Straßen neben meiner lagert. Das schaff ich. Ich bin Hulk.

Zwischen Feierabend und Sport ruft Frau F. mich an – sie hat den vorletzten fehlenden Bettrahmen und kann ihn bringen – und sie sammelt auf dem Weg direkt noch eine Matratze ein und bringt sie mit. Läuft.
Ich war dann noch kurz beim Sport und habe eine erstaunlich schwere Matratze abgeholt und 200 Meter nach Hause gewuchtet. Steht im Keller. Wie ich sie die Treppe wieder hochbekommen soll, ist mir ein Rätsel. Aber nachdem die Verkäuferin sogar noch bis zur Ecke mitgeschleppt hat, finde ich Samstag auch einen Nachbarn, der nicht schnell genug nein sagt.

Alena hat trotz Krankheit mitorganisiert und angefangen eine Einkaufsliste und eine Liste für Kleinkram zu schreiben, der noch gebraucht wird.

Fazit des Tages: Ich bin doch nicht Hulk. Brauchen wir noch einen Wasserkocher?“

Text und Foto: Meike Hermwapelhorst

Kein Geld, keine Küche, kein Plan?

Meike berichtet:

19. Mai 2015

„Heute morgen hingen wir noch in der Warteschleife. Kein Geld, keine Küche, kein Plan. Dann ging plötzlich die Post ab. Erst schrieb der Sohn mir bei Whatsapp, dass die Betreiber der Unterkunft seiner Mutter gesagt hätten, sie müsse nun langsam mal ausziehen, weil ihr Mietvertrag vor vier Tagen angefangen habe. Da haben wir schon angefangen zu rotieren – wie soll das gehen, sieben Leute ohne Küche? Dann schrieb der Sohn kurz darauf, es sei nun Geld auf dem Konto. Und los ging’s. Küchen bei eBay suchen, weitere Pläne aufschreiben – Strom? Telefon und Internet? Ach ja: Erstmal Wohnungsübergabe… und so weiter. Heute war es etwas drubbelig. Nach der Arbeit trafen Alena und ich uns in der Unterkunft und schauten mit der Mutter nach Küchen bei eBay Kleinanzeigen. Eine soll wohl nun klappen. Wir versuchen morgen einen Transporter zu bekommen und dann sehen wir weiter. Fazit des Tages: Ich liege mit surrendem Kopf im Bett, aber ich denke, alles wird gut. Wir haben einen Kontakt für einen Transporter, Aussicht auf eine Küche und vor allem – so schlimm es auch klingt – vor allem haben wir Geld.“

Text: Meike Hermwapelhorst

Ein erster Einblick

Meike berichtet:

2. Mai
Heute haben Alena und ich eine Liste von Familien bekommen, die bald ausziehen. Es sind einige und wir suchen uns eine aus – ich kenne nicht einmal irgendwen davon, aber Alena gibt in der Unterkunft Deutschkurse und kennt einige. Für mich war es nur wichtig, dass ich sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann, da ich kein Auto habe. Wir haben uns für Familie Af. entschieden – eine Mutter mit sechs Kindern zwischen 3 und 16 Jahren. Direkt mal eine Mammutaufgabe. Aber alle sprechen Englisch und teilweise ein bisschen Deutsch. Das soll schon werden.

3. Mai
Alena und ich waren in der Unterkunft und haben mit der Mutter der Familie gesprochen, uns vorgestellt und sind mit ihr die ersten Dinge durchgegangen. Wir haben ihr gesagt, dass wir ihr beim Auszug helfen und sie schien froh darüber zu sein. Jetzt muss ich mir nur noch die Namen der sechs Kinder merken.

4. Mai
Ich habe bei der Vermieterin angerufen und mich vorgestellt. Sie schien erleichtert, einen deutschsprachigen Ansprechpartner zu haben und meinte, die Wohnung werde im Moment noch renoviert, sei aber bald bezugsfertig. Wir haben bei eBay Kleinanzeigen schon eine sehr günstige Waschmaschine gefunden und dürfen sie am Freitag vorbeibringen. Der Anfang ist gemacht.

8. Mai
Die Waschmaschine ist da. Ein erster Schritt zur eingerichteten Wohnung. Außerdem war der Besitzer der Wohnung sehr nett und neugierig. Das gibt uns ein gutes Gefühl.

17. Mai
Heute war der erste große Tag.
In den letzten zwei Wochen waren Alena und ich mehrere Male in der Unterkunft und haben mit der Mutter darüber geredet, was wir bis dato geplant haben und welche Fortschritte wir machen. Zum Glück müssen wir nicht für jedes Möbelstück in die Unterkunft, denn der älteste Sohn hat ein Smartphone und wir können ihm Fotos per Whatsapp schicken, die er dann seiner Mutter zeigt. So bekommen wir schnelle Rückmeldungen dazu, ob ihr die Möbel gefallen. Wir möchten, dass die Mutter so viel wie möglich vorab sieht und abnickt, damit sie sich hinterher in ihrer Wohnung wohlfühlen kann.
Wir haben die Sachen entweder sehr günstig bei eBay gefunden und mit den Anbietern den Sonntag als Abholtermin vereinbart, oder wir haben sie in der Sachspendenliste gefunden, die von Angelika Feß betreut wird. Angelika hat den ultimativen Überblick über alle Spenden, die von irgendwem angeboten wurden. Sie ist eine riesige Hilfe. Wenn man ihr sagt, man braucht ein Bett oder einen Schrank, vermittelt sie Fotos und den Kontakt. Wir haben dann immer dem ältesten Sohn Fotos geschickt und wenn es gut war, haben wir Kontakt aufgenommen zum Spender und mit ihm den Termin abgesprochen. Zum Glück hatten die meisten an diesem Sonntag Zeit.
Heute also haben wir einen Transporter gemietet und ein paar starke Männer aus der Unterkunft mitgenommen, um alle Sachen einzusammeln. Diese Hilfsbereitschaft und das Teamwork sind großartig. Auch die Familie selbst war in der Wohnung und hatte schon einmal angefangen zu putzen. Am Ende hatte jedes Kind einen Putzlappen in der Hand.

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18. Mai

Ein kleiner Durchhänger. Ja, es war anstrengend gestern. Obwohl ich nicht einmal selbst viel geschleppt oder aufgebaut habe (denn das kann ich leider nicht), bin ich müde von der Fahrerei und dem Gewusel um mich herum. Wir hatten unsere Jungs und die haben unermüdlich abgebaut, getragen und aufgebaut. Fazit des gestrigen Tages: In der 110 Quadratmeter großen 4-Zimmer-Wohnung stehen fünf von sieben Betten komplett, die restlichen teilweise (aber das kriegen wir auch noch hin). Das Wohnzimmer hat eine Sofagarnitur mit Tisch, Fernseher und Fernsehschrank plus Regal. Das Schlafzimmer der Mutter und der Kleinsten ist eingerichtet.

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Ich bin heute müde, aber sehr glücklich müde, weil wir gestern durch die Zusammenarbeit von Bewohnern der Unterkunft, der Familie und Ehrenamtlichen unglaublich viel geschafft haben. Sogar für eine zweite Familie haben wir am Ende noch eine Wohnungsauflösung genutzt und konnten so auch diese Familie fast vollständig ausstatten. Nun fehlen Teppiche, Gardinen und: die Küche. Dafür brauchen wir dann doch erst einmal Geld vom Amt. Und darauf warten wir jetzt.

Zwischenfazit: Als ich die Betreuung der Familie übernommen habe, wusste ich nicht, was genau auf mich zukommt, aber ich dachte, zusammen mit Alena schaffe ich das schon. Nun sind die ersten zwei Wochen nach der Entscheidung vergangen und auch, wenn ich in manchen Momenten denke, das ist schon viel Arbeit neben einem Vollzeit-Job mit Pendeln, freue ich mich, dass ich es mache und bin gespannt auf die Sachen, die noch kommen, bis jeder Mensch in dieser Familie das Gefühl hat, zuhause zu sein.

Tex und Fotos: Meike Hermwapelhorst

Alena berichtet:

18. Mai
„Jetzt aber schnell…
Am Wochenende haben wir (mit großer Unterstützung) schon viel geschafft. Nun hat uns die Mutter der Familie mitgeteilt, dass sie in Ihre Wohnung ziehen muss. Damit haben wir nicht gerechnet. Jetzt wird es dringlich zumindest eine Matratze für jeden und eine Küche zu organisieren, damit die Kinder versorgt werden können. Aber spontan, das können wir ja. Meike hat mit der Mutter Kleinanzeigen durchstöbert und geschaut, welche Küchen finanzierbar sind und auch ein bisschen gefallen. Und es wurde direkt ein Schnäppchen aufgetan. Sofort abholbereit. Sofort!? Das ist vielleicht doch zu spontan. Die Küche können wir Samstag abbauen und holen. Schnell wurden ein Transporter und Helfer organisiert. Da uns aber sicher der Freitagabend im Rekorder in den Knochen stecken wird, verschieben wir den Aufbau auf Sonntag. Auch da konnten wir schon geschickte Helfer mobilisieren, die anpacken werden.
Fehlt noch eine 1,40-m-Matratze. Dank Meikes geschultem Auge konnte sie eine im Internet finden. Ein Rabatt wurde ausgehandelt und die Matratze nach Hause geschleppt. Freitag wird noch kurz „geshoppt“ und die wichtigsten Utensilien, wie Bettdecken etc. gekauft.
Wir hatten gehofft die Wohnung etwas…na ja wohnlicher gestalten zu können, bis alle einziehen. Aber wenn bis Sonntag die wichtigsten Gegenstände da sind, muss das wohl erst mal reichen und die Wohnung kann bezogen werden.  Wir sind bisher sehr froh, dass alles so gut geklappt hat. Natürlich nur mit den ganzen fleißigen Helfern!!!! Aber irgendwie freuen wir uns auch, wenn der große Stress erst mal vorbei ist und wir von der Mutter der Familie als Dankeschön lecker bekocht werden.“
Text: Alena Mörtl