Sport hilft gegen (fast) alles

„Sport stärkt Arme, Rumpf und Beine, kürzt die öde Zeit,
und er schützt uns durch Vereine, vor der Einsamkeit“.

… sagte einmal Joachim Ringelnatz, ein deutscher Lyriker, Erzähler und Maler (1883-1934).

(ein Text von Karina)

Ich finde, Herr Ringelnatz hat völlig Recht, auch heute noch.

Und daher möchte ich jetzt ein bisschen von der Sportgruppe erzählen:

Wir sind aktuell sieben aktive Mitglieder, die versuchen, Geflüchtete für Sport zu begeistern, sie durch Sport zu integrieren und in Vereine zu vermitteln.
Ohne Sport bin ich persönlich schnell unausgeglichen und zickig. Sport ist wichtig und wenn ich mich bewegen und auspowern kann, fühle ich mich gut. Viele denken jetzt bestimmt das Gegenteil, aber umso mehr wissen ganz genau, was ich meine. Sport befreit und im Team oder in einem Verein kann man sich wohlfühlen und ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln.
Daher lautet meine Antwort auf die immer wiederkehrende Frage nach der Integration von Flüchtlingen auch:

Treibt SPORT! Wie könnte es einfacher funktionieren?

Es gibt kaum Sprachbarrieren und „fair play“ kennt jeder.
So langsam melden sich die Geflüchteten auch bei uns. Es war und ist zwar immer noch schwierig, die Menschen zu motivieren. Viele andere Dinge sind erst einmal wichtiger und die Betreuung und Begleitung ist oft aufwendig, weil die meisten nicht von sich aus zu Sportfesten kommen oder zu Sportvereinen gehen. Aber wenn sie dann erst einmal da sind, ist die Begeisterung oft groß und sie bleiben im wahrsten Sinne des Wortes am Ball.
Wir sind auch überrascht, wie vielfältig die Interessen sind. Klar, König Fußball ist immer noch die unangefochtene Nummer 1. Gerade jetzt zur EM. Aber auch Schwimmen, Kickboxen und Basketball sind gefragt. Und bei den Mädchen auch Tennis und Tanzen. Ich bin gespannt, wie die geplante Ferienfreizeit „Pferde und Indianer“ ankommen wird..
Und dann noch Sayed´s Cricket Team! Da wurde erst für uns gekocht, weil wir den Jungs aus Sri Lanka und Myanmar Schläger und Handschuhe organisiert haben, und dann gab es quasi als „Überraschungs-Dessert“ zwei Stunden Cricket-Training im Park. Wir haben zwar immer noch nicht alle Regeln verstanden, aber es machte einen Heidenspaß und die Überraschung war gelungen.
Es ist auch wirklich schön zu sehen, wie Kinder und Jugendliche beim Sport langsam auftauen und entspannen. Man spürt regelrecht, wie sie abschalten, all ihre Sorgen vergessen und einfach mal loslegen.

Ich möchte ein paar Beispiele erzählen:

Einmal im Monat können unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit Schülern des Mallinckrodt-Gymnasiums Fußball spielen. Wir vom Projekt Ankommen holen die Jungs in der Unterkunft ab und bringen sie später wieder zurück. Letztes Mal war ein 16jähriger Junge aus Guinea dabei. Er sprach nur französisch und war erst seit 10 Tagen in Dortmund. Mein französisch ist rudimentär, aber ein Glück konnte sich Monika ein bisschen mit ihm unterhalten. Er hatte weder Shorts noch Sportschuhe, war schüchtern und wollte deshalb schon gar nicht mehr mit, denn in Jeans und Flip Flops kann man ja nicht spielen. Letztlich hat ihm ein Betreuer Sportschuhe und ein Lehrer eine kurze Hose organisiert und er konnte dann doch noch mit aufs Feld. Wunderbar, wie er auftaute und über das Spielfeld flitzte! Plötzlich war er mittendrin in der Gemeinschaft und konnte all seine Sorgen zumindest für ein paar Stunden vergessen. Und dass kaum jemand französisch konnte, war plötzlich auch egal, denn Fußball spielen kann jeder.
Ein anderes Beispiel: Ich habe einen 16jährigen Jungen aus Albanien zum Volleyballtraining begleitet. Als wir ankamen, schickte ihn der Trainer nach einer kurzen Begrüßung direkt zum Aufwärmen aufs Feld. Keiner der Anderen war skeptisch und erkundigte sich nach Sprache, Herkunft oder Alter. Das war völlig egal, Hauptsache, sie konnten endlich anfangen zu spielen. Einmal habe ich am Spielfeldrand fast einen Ball abbekommen und er kam zu mir, um den Ball zu holen. Er sah mich kurz an, völlig außer Atem, total verschwitzt, aber er grinste mich an und war einfach glücklich.

Das war einer meiner ganz besonderen Schlüsselmomente: Diese Freude am Sport, aber auch diese ganze Energie, die da raus musste, kam in diesem Moment besonders rüber und hat mich wirklich beeindruckt. Am liebsten hätte ich noch selbst mitgespielt.
Dieter klettert seit Jahrzehnten leidenschaftlich. Er klettert u.a. mit K., einem talentierten Jungen aus Albanien. K. nutzt inzwischen jede Trainingsmöglichkeit und die beiden sind sogar schon zusammen zum Klettern in den Urlaub gefahren. Dieter erzählt immer ganz begeistert, wie toll sich der Junge entwickelt. Manchmal muss er ihn sogar bremsen, weil er zu schnell zu viel will. Wer weiß, vielleicht wird ja K. noch ein erfolgreicher Kletterer? Danke, Dieter.

Eine wunderbare Erfahrung war auch unser Sporttag.

Eine Familie aus dem Libanon war mit ihren Paten Lars und Ina da. Die Größte von vier Töchtern löcherte mich ständig: Was ist das da für ein Sport, was kommt als nächstes, kann ich da mitmachen? Irgendwann kam sie zu mir und sagte: Also, das ist so toll hier, wir haben nächste Woche am Mittwoch Zeit, dann kommen wir wieder, ok? Ich musste lachen und freue mich jetzt schon auf unseren nächsten Sporttag, an dem die vier Mädchen bestimmt auch wieder teilnehmen werden.
Es gab schon viele solcher oder ähnlicher Erlebnisse, mit groß und klein, ob im Fitnesscenter oder im Park. Sport, ob im Verein oder in kleinen Gruppen, das geht immer. Ich bin immer noch und immer wieder begeistert und freue mich auf viele weitere Sportarten und Erfahrungen. Und wer bei uns mitmachen will, kann sich gerne unter sport@projekt-ankommen.de bei uns melden.