Schlagwort: Dortmund

  • Ein Ausflug in die deutsche Geschichte – Projekt Ankommen organisierte Tour nach Berlin

    (Geschrieben von Alena)

    Projekt goes Berlin

    Unter diesem Arbeitstitel organisierten, planten und informierten wir.

    Vor einigen Monaten entstand die Idee, eine Reise nach Berlin zu planen. In den Integrationskursen der Geflüchteten, aber auch im gemeinsamen Austausch ist die Geschichte Deutschlands immer wieder Thema. Doch irgendwie lässt sich kaum nachvollziehen, dass Deutschland z.B. damals in zwei Teile zerlegt wurde. Ein guter Grund, sich die Stadt mit der ehemaligen Mauer und andere historische Sehenswürdigkeiten in unserer Hauptstadt anzuschauen und sich damit auseinanderzusetzen.

    Ein Team aus drei Ehrenamtlichen zeigte sich bereit, eine Kultur- und Bildungsfahrt zu planen und durchzuführen. Sie organisierten die ersten Treffen und sammelten viele Ideen: Was wird benötigt? Worauf müssen wir achten?

    Und was wollen wir vor Ort tun?

    Schließlich war es für uns alle das erste Mal, eine solche Reise – und das gleich für 15 Personen – zu organisieren. Durch tolle Kontakte und Verhandlungsgeschick erhielten wir gute Konditionen von den verschiedenen Anbietern. Die Rahmenbedingungen standen schnell fest. Gelder wurden beantragt und eine Pauschale pro Teilnehmer festgelegt.

    Wer soll eigentlich mitfahren?

    Da wir unerfahren waren, war es uns wichtig, dass Menschen teilnahmen, die wir oder andere Ehrenamtliche des Vereins zumindest entfernt kannten. Die Gruppe stand schnell fest und wir bereiteten uns auf diese aufregende Zeit vor. Mit Hilfe von Vorbereitungstreffen und einer Whatsapp-Gruppe gelang es uns, alle Teilnehmer auf dem aktuellen Stand der Informationen zu halten.

    Freitag morgen, 8:30 Treffen am Hauptbahnhof. Viele trafen sich schon am vorherigen Abend oder auf dem Weg zum Bahnhof, um nicht zu spät dort zu sein. Um zwanzig nach Acht klingelte das erste Handy, mit einem Teilnehmer, der fragte wo denn alle seien. Zu spät kam jedoch nur der Bus. Unserer Vorfreude und Aufregung tat das zum Glück keinen Abbruch. Staubedingt zog sich die Fahrt. Die Zeit versuchten alle mit Nickerchen, Singen und Quatschen zu überbrücken.

    Dann hieß es:

    Willkommen in Berlin

    Einmal kurz durchatmen, Zimmer beziehen und frisch machen. Schon wartete der erste Programmpunkt: Ein gemeinsames Abendessen zum Einstieg. 15 müde und gleichzeitig aufgekratzte Menschen wollten gleichzeitig fotografieren und Essen bestellen. Nach dem köstlichen Essen ging es noch kurz an der East Side Gallery vorbei . Schließlich haben wir nicht endlos Zeit und Berlin bietet einfach zu viel. Nach einem weiterem kurzen Stopp im Hostel erkundeten wir die Stadt bei Nacht und legten die ersten von insgesamt sehr vielen Kilometern zu Fuß zurück.

    Auch Tag zwei sollte uns einiges bieten. Unter anderem das Brandenburger Tor, der Bundestag, das Denkmal für die ermordeten Juden in Europa und der Fernsehturm warteten auf uns. Hunderte Fotos wurden geknipst und mindestens so viele Fragen gestellt. Was ist das? Wie alt? Warum? Und wie eigentlich? Die Smartphones immer griffbereit, konnten wir die meisten Fragen beantworten. Um unseren Füßen eine Pause zu gönnen und das tolle Wetter auszukosten, entschieden wir uns spontan, den Abend im Berliner Mauerpark ausklingen zu lassen.

    Den Abfahrtstag wollten wir nicht ungenutzt lassen: Wir liefen zum Checkpoint Charlie, um uns einige Zeit später von unserem Busfahrer für die Rückfahrt einsammeln zu lassen.

    Fotos, Fragen, Mittagsessen. Müde, aber glücklich singend, lachend und schlafend warteten wir auf unsere Ankunft in Dortmund.

    Die Geschichten, Denkmäler und historischen Bauten erinnerten viele der Teilnehmer an ihre Heimat. Die Stimmung drückte das nicht. Vielmehr regte es an, tolle Geschichten zu erzählen und Bilder zu zeigen.

    Auch wenn es einigen Menschen nicht klar ist, die Parallelen sind größer als wir denken.

    Mein persönliches Highlight spielte sich unverhofft in einem kleinen Dönerladen kurz vor der Rückfahrt ab: Alle wollten sich mit Proviant für die Heimfahrt eindecken –  Chaos und die Uhr im Nacken. Als fast alle versorgt waren, fragte der Besitzer: „Woher kommt ihr?“. Ganz selbstverständlich und beiläufig kam die Antwort: „Aus Dortmund“. Denn hier ging es nicht darum, wer aus welchem Land stammt. Wir waren einfach Touristen wie viele andere auch und wir kamen alle aus Dortmund.

     

  • „COFFEE WITH FRIENDS“ findet großen Anklang

    „Und wenn keiner kommt?“

    (von Daniel Scholz)

    Es ist Sonntagnachmittag. Die Uhr springt auf 15:20 Uhr. Die freiwilligen Helfer, rund um die Veranstaltungsgruppe, die sich im Café versammelt haben, werden langsam unruhig.

    „Und wenn keiner kommt?“, fragt einer der Helfer. „Dann bleibt sehr viel Kuchen für uns übrig!“, witzelt ein anderer.

    Seit 15 Uhr sind die Türen geöffnet. Kaffee und Tee sind aufgesetzt und ein großes Kuchenbuffet wartet darauf, vernichtet zu werden.

    Dann öffnet sich die Tür und die ersten Geflüchteten, ein junges Paar aus Pakistan, betritt in Begleitung eines älteren Ehepaares, ihren Paten, das Dortmunder Café.

     

    Foto: privat

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  • Kein Wenn und kein Aber

    Ein persönlicher Rückblick von Meike auf das Trainofhope-Wochenende:

    „Mein Freund und ich sitzen am Küchentisch, satt. Es ist Samstag Abend. Was machen wir? Ein Film? Rausgehen? Heute nicht mehr. Nein, wir sind müde. Kurz bei Facebook geschaut. Meldung: Heute Nacht kommen etwa 1.000 geflüchtete Menschen in Dortmund an. Wir schauen uns an. Was machen wir?

    Meine Mitbewohnerin schreibt, sie sei um kurz vor zehn zum Rewe an der Ecke geeilt, um Obst und Wasser zu kaufen und hat es im Hausflur deponiert. Egal, ob heute oder morgen – es wird sicher gebraucht. Wir beraten, was wir tun können. Alena ist in regem Kontakt zu den anderen, hält mich auf dem Laufenden.

    Kommen sie wirklich heute Nacht?

    Ok, dann los. Gegen Mitternacht kommen wir am Bahnhof an und werden überrollt von Energie. Hunderte Menschen, die sich vor gefühlten Sekunden zusammengefunden, wieder auseinandergedriftet und irgendwie wieder zusammengekommen sind, ohne jede Vorbereitung organisiert wirken und ohne einen Plan vollkommen strukturiert arbeiten. Wir brauchen Tüten. Plastiktüten. Das hatten wir zuhause noch bei Facebook gelesen und alle eingepackt, die wir haben. Wir werfen sie auf den Haufen, von dem sie heruntergenommen werden, um sie mit Obst, Keksen oder Schokolade und Wasser zu füllen.

    Jeder soll eine bekommen.

    Daneben Decken. Isomatten. Schlafsäcke. Unmengen davon. Dreißig Meter Spenden entlang der Dortmunder U-Bahn-Station Hauptbahnhof, durch den ich manchmal gehe und denke, wie unschön dieser Ort doch ist. Heute ist er wunderschön und voller wunderschöner Menschen, die die komplette Nacht daran arbeiten werden, den Menschen ein herzliches Willkommen zu bieten.

    Irgendwann kommt die Durchsage, der Zug werde nicht wie geplant gegen drei Uhr, sondern gegen acht Uhr morgens erwartet. Was nun? Durchmachen schaffe ich nicht. Wir sprechen uns ab – kurze Pause. Morgens treffen wir uns wieder. Ich fahre nach Hause, falle ins Bett, stelle den Wecker auf sieben Uhr. Es ist halb vier.

    Um sieben stehe ich aufrecht im Bett.

    Das klappt sonst nur, wenn das Flugzeug in den Urlaub früh startet. Wir packen unsere Tasche, nehmen die U-Bahn. Mittlerweile sind die Spenden und Tüten in Containern, der U-Bahnhof frei; Helfer überall, ein wenig planlos nach der Nacht, in der man vier, fünf Stunden uninformiert war. In Zeiten von Twitter und Facebook kann sich in dieser Zeit alles ändern. Wir warten einfach ab.

    Dann die Meldung: Um viertel vor neun kommt ein Zug an. Wir stehen bereit. Ein bisschen dauert es, dann fährt der ICE an Gleis 8 ein. Der Bahnsteig voller Menschen, Journalisten und Kameras. Was hier als nächstes passiert, wird in ein paar Stunden in vielen Medien zu sehen sein. Das Dortmunder Willkommen: Jeder einzelne, der aus dem Zug steigt, bekommt Applaus. Die Banner werden hochgereckt, die Frau an der Rolltreppe gibt jedem Kind einen Kinderriegel. Manche Männer bleiben in der Tür des Zuges stehen und richten noch ihre Haare, bevor sie aussteigen.

    Ich weine und komme mir albern dabei vor.

    Der Rest des Tages ist eine einzige Szene. Eine Geräuschkulisse, die eigentlich nicht auszuhalten ist, aber man hört es gar nicht. Ein Gewimmel, bei dem man sonst in der Großstadt immer wieder kontrolliert, ob die Tasche noch da ist. Eine Atmosphäre von unglaublicher Energie, die sich in unzähligen Menschen, unzähligen Stunden und unzähligen kleinen Gesten entladen wird: Kleiderspenden sortieren – eine ganze Halle voller Berge von gespendeter Kleidung. Ich sehe eine Ecke gespendeter Gebetsteppiche. Ein Aufruf im Internet und eine halbe Stunde später liegen wieder zig Rucksäcke für die nächsten bereit, die sich hier mit warmer Kleidung eindecken können, bevor in der Halle nebenan Essen für sie bereitsteht.

    An diesem Tag gibt es keine persönlichen Befindlichkeiten.

    Es gibt kein Wenn und kein Aber. Es gibt nur Machen, Machen, Machen, damit alles irgendwie überhaupt funktionieren kann. Am Abend sehe ich die ersten Ausschnitte des WDR und bei den Ruhr Nachrichten online. Ich bekomme mit, dass Dortmund bei Einslive erwähnt wird. Das ist schön, aber dafür macht man es nicht. Dennoch gut, der Welt einmal das ganze Gesicht zu zeigen und nicht nur die rechte Seite.“

    Text: Meike

  • Kein Wenn und kein Aber

    Ein persönlicher Rückblick von Meike auf das Trainofhope-Wochenende:

    „Mein Freund und ich sitzen am Küchentisch, satt. Es ist Samstag Abend. Was machen wir? Ein Film? Rausgehen? Heute nicht mehr. Nein, wir sind müde. Kurz bei Facebook geschaut. Meldung: Heute Nacht kommen etwa 1.000 geflüchtete Menschen in Dortmund an. Wir schauen uns an. Was machen wir?

    Meine Mitbewohnerin schreibt, sie sei um kurz vor zehn zum Rewe an der Ecke geeilt, um Obst und Wasser zu kaufen und hat es im Hausflur deponiert. Egal, ob heute oder morgen – es wird sicher gebraucht. Wir beraten, was wir tun können. Alena ist in regem Kontakt zu den anderen, hält mich auf dem Laufenden.

    Kommen sie wirklich heute Nacht?

    Ok, dann los. Gegen Mitternacht kommen wir am Bahnhof an und werden überrollt von Energie. Hunderte Menschen, die sich vor gefühlten Sekunden zusammengefunden, wieder auseinandergedriftet und irgendwie wieder zusammengekommen sind, ohne jede Vorbereitung organisiert wirken und ohne einen Plan vollkommen strukturiert arbeiten. Wir brauchen Tüten. Plastiktüten. Das hatten wir zuhause noch bei Facebook gelesen und alle eingepackt, die wir haben. Wir werfen sie auf den Haufen, von dem sie heruntergenommen werden, um sie mit Obst, Keksen oder Schokolade und Wasser zu füllen.

    Jeder soll eine bekommen.

    Daneben Decken. Isomatten. Schlafsäcke. Unmengen davon. Dreißig Meter Spenden entlang der Dortmunder U-Bahn-Station Hauptbahnhof, durch den ich manchmal gehe und denke, wie unschön dieser Ort doch ist. Heute ist er wunderschön und voller wunderschöner Menschen, die die komplette Nacht daran arbeiten werden, den Menschen ein herzliches Willkommen zu bieten.

    Irgendwann kommt die Durchsage, der Zug werde nicht wie geplant gegen drei Uhr, sondern gegen acht Uhr morgens erwartet. Was nun? Durchmachen schaffe ich nicht. Wir sprechen uns ab – kurze Pause. Morgens treffen wir uns wieder. Ich fahre nach Hause, falle ins Bett, stelle den Wecker auf sieben Uhr. Es ist halb vier.

    Um sieben stehe ich aufrecht im Bett.

    Das klappt sonst nur, wenn das Flugzeug in den Urlaub früh startet. Wir packen unsere Tasche, nehmen die U-Bahn. Mittlerweile sind die Spenden und Tüten in Containern, der U-Bahnhof frei; Helfer überall, ein wenig planlos nach der Nacht, in der man vier, fünf Stunden uninformiert war. In Zeiten von Twitter und Facebook kann sich in dieser Zeit alles ändern. Wir warten einfach ab.

    Dann die Meldung: Um viertel vor neun kommt ein Zug an. Wir stehen bereit. Ein bisschen dauert es, dann fährt der ICE an Gleis 8 ein. Der Bahnsteig voller Menschen, Journalisten und Kameras. Was hier als nächstes passiert, wird in ein paar Stunden in vielen Medien zu sehen sein. Das Dortmunder Willkommen: Jeder einzelne, der aus dem Zug steigt, bekommt Applaus. Die Banner werden hochgereckt, die Frau an der Rolltreppe gibt jedem Kind einen Kinderriegel. Manche Männer bleiben in der Tür des Zuges stehen und richten noch ihre Haare, bevor sie aussteigen.

    Ich weine und komme mir albern dabei vor.

    Der Rest des Tages ist eine einzige Szene. Eine Geräuschkulisse, die eigentlich nicht auszuhalten ist, aber man hört es gar nicht. Ein Gewimmel, bei dem man sonst in der Großstadt immer wieder kontrolliert, ob die Tasche noch da ist. Eine Atmosphäre von unglaublicher Energie, die sich in unzähligen Menschen, unzähligen Stunden und unzähligen kleinen Gesten entladen wird: Kleiderspenden sortieren – eine ganze Halle voller Berge von gespendeter Kleidung. Ich sehe eine Ecke gespendeter Gebetsteppiche. Ein Aufruf im Internet und eine halbe Stunde später liegen wieder zig Rucksäcke für die nächsten bereit, die sich hier mit warmer Kleidung eindecken können, bevor in der Halle nebenan Essen für sie bereitsteht.

    An diesem Tag gibt es keine persönlichen Befindlichkeiten.

    Es gibt kein Wenn und kein Aber. Es gibt nur Machen, Machen, Machen, damit alles irgendwie überhaupt funktionieren kann. Am Abend sehe ich die ersten Ausschnitte des WDR und bei den Ruhr Nachrichten online. Ich bekomme mit, dass Dortmund bei Einslive erwähnt wird. Das ist schön, aber dafür macht man es nicht. Dennoch gut, der Welt einmal das ganze Gesicht zu zeigen und nicht nur die rechte Seite.“

    Text: Meike