Macht mit!

Meike berichtet:

„Am Mittwoch hatten wir ein Treffen für Interessierte an der Auszugshilfe. Bei dieser Gruppe hakt es noch ein bisschen. Ich glaube, viele denken, dass „Auszugshilfe“ bedeutet, Möbel zu schleppen und aufzubauen oder Küchen durch die Gegend zu tragen und anzuschließen. Zumindest waren das unter anderem die Fragen, die am Mittwoch aufkamen. Zum Glück konnten wir aufklären. Bei den Auszügen, an denen ich bis jetzt irgendwie beteiligt war und auch bei denen, von denen ich nur von Freunden gehört habe, war es immer so, dass der Ehrenamtliche nicht wirklich dazu kam, etwas zu tragen. Beim Umzug meiner Familie in Hörde stand ich nur herum, während um mich herum die Helfer aus der Unterkunft alles schleppten und schraubten und bauten und am Ende des Tages fühlte ich mich nutzlos. Das ist natürlich Quatsch, denn ich hatte vorher zusammen mit Alena alles organisiert. Aber wer denkt, Auszugshilfe bedeutet Plackerei, der irrt. Es geht darum, die Sachspenden und Dinge von eBay zu organisieren oder die Haushaltsauflösung zu finden, die passen könnte, dann das ganze zu terminieren und ein Auto zu besorgen. Am Tag selbst hat man dann sehr viel Hilfe und muss nicht mehr viel machen. Nur den Überblick bewahren. Ein anderer Punkt war die Frage „Geht das denn überhaupt neben dem Job?“ – Ich kann aus Erfahrung sagen, dass das geht. Vieles kann man abends organisieren und wenn man bei der Arbeit zwischendurch mal kurz ein paar Nachrichten schreiben kann, ist das sicher auch kein Problem. Außerdem kann man natürlich auch immer im Team arbeiten und zu zweit einen Umzug organisieren. Und selbst wenn man sagt, ich kann nur am Wochenende helfen – dann ist das auch gut. Alles ist besser als nichts. Wenn ihr Interesse an der Auszugshilfe habt, freuen wir uns – wir brauchen dringend viele helfende Hände in diesem Bereich, damit möglichst wenige Geflüchtete in eine eigene Wohnung ziehen müssen, ohne eine oder mehrere Personen, die sie dabei ein wenig an die Hand nehmen. Macht mit!“

Text: Meike Hermwapelhorst

Umzug im Doppelpack

Rückblick auf den 1. August…

Alena berichtet:
„Es war so weit, endlich zogen zwei Bewohner der ersten Stunde aus der Unterkunft aus. Mit viel Geduld haben sie viele Leute kommen und gehen sehen. Haben Absagen hingenommen und die Hoffnung nicht aufgegeben. Aus dem ursprünglichen Plan,  zusammen zu ziehen (wir schrieben darüber) wurde leider nichts. Jedoch konnten für beide Wohnungen gefunden werden. Der junge Mann im Rollstuhl hat sogar eine barrierefreie Wohnung, sodass er möglichst selbstständig leben kann.

Nun mussten die Möbel und der Kleinkram, der seit Wochen organisiert und gesammelt wurde, in die Wohnungen gebracht werden. Da wir mit einem geringen Zeitfenster planten,  haben wir diesmal einen Sprinter mit Fahrer gemietet. Für kurze Strecken ist das deutlich kostengünstiger und erspart uns den Stress, sich mit einem riesigen Gefährt durch die Straßen zu wuseln.

Wir trafen uns früh, um alle Möbel ins Freie zu bringen. Es kamen noch unerwartet mehr Helfer und auch Bewohner aus der Unterkunft packten spontan mit an. Somit waren wir ratzfatz fertig und warteten auf das für 13 Uhr bestellte Auto. Leider zeigte sich schnell, dass wir mehr als einmal fahren müssten. Somit wurden zuerst H.s Sachen eingeladen und in seine Wohnung gebracht. Einige Helfer blieben dort, um alles in die Wohnung zu schaffen. Zu viert zogen wir noch einmal los, um M.s Sachen zu holen.
3, 2, 1 FERTIG! Eine Stunde. Das war unser Plan. Die Jungs schleppten alles die fünf Etagen hoch und ich fühlte mich wieder so überflüssig wie „ein Sandkasten in der Sahara“.

Nach einer kurzen Pause fuhren wir zurück zu H. Denn M.s und M.s handwerkliches Geschick und Werkzeug wurden benötigt. Nachdem wir uns sehr lecker persisch verköstigen ließen, zimmerten die beiden aus verschiedenen zusammen gewürfelten Schränken und Elektrogeräten eine sehr ansehnliche Küche zusammen.

Erledigt!“

Text: Alena Mörtl

Spannung, Spiel und Kinderüberraschung

Alena berichtet:

„Claudia aus unserem Verein übernimmt immer wieder die Aufgabe, Veranstalter, Förderer und Unternehmen anzuschreiben und zu fragen, ob Interesse besteht, den geflüchteten Menschen z.B. Freikarten zu spenden. Die konkrete Planung und Umsetzung übernehmen wir dann.

So hatten wir neulich das Vergnügen, uns im Cinestar Dortmund den neuen „Minions“-Film anzuschauen. Spontan standen mehr Personen vor dem Kino als eingeplant bzw. Freikarten vorhanden waren. Damit wir keinen enttäuscht weg schicken müssen, werden solche zusätzlichen Karten durch Spendengelder oder Mitgliedsbeiträge des Vereins finanziert.

Wir belegten in dem Kinosaal eine ganze Reihe. Manchmal müssen wir schon komisch aussehen. Eine riesige Gruppe von sechs bis sechzig Jahren –  und alle Nationalitäten bunt gemischt. Drum herum springen ein paar von uns und versuchen, alles zu koordinieren.

Für den vergangenen Samstag haben wir mit der Unterstützung von Oliver Krauß (Geschäftsführer Innenstadt West) Karten für das Lichterfest bekommen. Im Vorfeld musste einiges organisiert werden. Wie viele Karten, wie viele davon für Kinder und Erwachsene, wer möchte mit. Irgendwann stand der Plan. Claudia empfing Leute am Park, der andere Teil traf sich zentral im Unionviertel. Es zeigte sich, dass die ein oder andere Person kurzfristig nicht kommen würde und so konnten spontan noch andere Geflüchtete mitkommen. Die Unterkunft am Ostpark hat eine große Gruppe Bewohner zum Park begleitet.

Keiner ging verloren, alle waren mit Fahrkarten und Eintrittskarten versorgt. Einige zogen alleine durch den Park. Wir waren in einer Gruppe unterwegs. Die Geflüchteten waren von der Masse an Menschen überwältigt. Bis zum Abend war das Programm mit Kerzen anzünden, Klettergerüsten und Rutschen gefüllt. Es war also für jeden etwas dabei. Für das Feuerwerk suchten wir uns ein gemütliches Plätzchen und ließen uns auf unseren Decken nieder. So ein Feuerwerk hatten die Leute noch nicht gesehen. Es wurden viele Videos und Fotos gemacht. Aus jeder Ecke hörte man ein „WOW“ oder „Jesus Christ“. Der Kleinste schlief nach anfänglichen Tränen einfach selig ein.

Gemeinsam fuhren wir ins Dortmunder Zentrum zurück. Jeder bedankte sich herzlich und drückte uns. Die Mutter der beiden Kinder nahm mich in den Arm und sagte: “Alena, wenn ihr noch einmal so etwas tolles macht, bitte vergiss mich nicht. Es war ein wirklich schöner Tag!“

Wenn man eine solche Aktion durchführt, macht man sich immer Sorgen. Hoffentlich klappt alles, hoffentlich haben alle Spaß und natürlich, hoffentlich geht keiner verloren. Totaler Quatsch natürlich. Im Anschluss bin ich immer wieder begeistert, mit wie viel Rücksicht die Menschen miteinander umgehen. Jeder hat ein Auge auf den anderen und jeder hilft, wo Hilfe benötigt wird.

Natürlich wünsche ich mir, dass wir als Verein irgendwann so bekannt sind, dass Leute auf uns zukommen, um die Geflüchteten an solchen Aktivitäten teilhaben zu lassen. Solange dies noch nicht der Fall ist, fragen wir gerne weiter und freuen uns über jeden, der uns unterstützt.“

Text: Alena Mörtl

Eid mabrouk.Bayram Mubarak.

Ahmed berichtet:

„Gestern war der letzte Fastentag im Ramadan.

Dieses Jahr war es für mich was ganz besonderes. Ich habe viele Menschen kennen gelernt, die alleine nach Deutschland flüchten mussten. Alleine, weil sie nicht genug Geld für die ganze Familie hatten. Der Fastenmonat stand vor der Tür. Ich habe mich gefragt, wie es für die Menschen ist, den ganzen Tag zu fasten und abends alleine oder mit ein paar „fremden“ Menschen das Fasten zu brechen, während ich jeden Abend besinnlich mit meiner ganzen Familie am Tisch sitze. Ich habe es anders, ehrlich gesagt, noch nie erlebt! Dieser Gedanke hat mich nicht losgelassen. Ich habe Menschen am Protestcamp „Bamfdo“ kennengelernt,  die mir so traurige Geschichten erzählt haben, dennoch haben sie den Fastenmonat vollbracht. Haben jeden Tag Menschen zum Fastenbrechen eingeladen. Viele Muslime und Nicht-Muslime haben daran teilgenommen. Auch wenn deren Familien so weit weg sind, haben viele Menschen dazu beigetragen, dass sich diese Menschen wenigstens über das gemeinsame Essen freuen konnten und sich ein  bisschen von ihren ganzen Gedanken befreien konnten.

Einige unserer neuen Freunde haben auch gefastet. Deswegen haben Alena und ich uns überlegt, einmal die Woche mit den Jungs zusammen das
fasten zu brechen. Ich habe mich jede Woche auf diesen Tag gefreut. Nicht nur, weil wir so lecker von Bernd bekocht wurden, sondern weil es einfach schön war, wenn man den ganzen Tag gefastet hat, abends mit mehreren Leuten das Fasten zu brechen. Es waren nicht nur Leute dabei die gefastet haben, aber genau darum ging es. Das Beisammensein war immer das besonders Schöne. Ein besonderer Dank an Bernd und Alena für die Gastfreundlichkeit.

Am Samstag werden wir mit ein paar Jungs zum Zuckerfest am Ostpark gehen. Danke auch an dieser Stelle an die Organisatoren des Ostparks!

Ein fröhliches Zuckerfest wünsche ich allen.

Eid mabrouk.

Bayram Mubarak.“

Text: Ahmed Abdellatif

Ein Sack Flöhe im Freibad

Claudia berichtet:

06.07.2015
„Als es hieß, dass es Samstag 40°C werden, dachte ich, klar… Freibad. Da kam mir die Idee, eine afrikanische Mama mit ihren drei Jungs zu fragen, denen wir im Februar bei der Schulsuche und Wohnungseinrichtung geholfen haben. Gedacht, getan, sie sind dabei! C. kaufte sich noch schnell einen Badeanzug für sich, ich für die beiden jüngeren Jungs Schwimmflügel.

Der Samstag kam und natürlich waren alle Absprachen schon vor der Abfahrt hinüber. Der Plan war, uns an einer Zwischenstation zu treffen, sie waren aber viel zu spät dran und M., der auch noch aus der Adlerstraße zu uns stieß, schaffte es so, dass wir nur 2 Bahnen später als geplant losfuhren. Dann hieß es anstehen am Freibad – und als wir mit unseren Handtüchern gerade das letzte Schattenplätzchen markiert hatten, kam auch C. mit ihren drei Jungs an. Sie schaffte es gerade noch die Bande zusammen zu halten, um sie in ihre Badesachen zu packen, als wir uns auf den Weg zur Decke machten, waren von drei Kindern plötzlich nur noch eins da… der Kleinste.

Der 8-jährige rannte direkt ins nächste Becken, ich hinterher, der 6-jährige ins nächste Becken, Jojo hinterher. Gut, ich hatte Glück, der Älteste kann schwimmen und gab seine Kurzzeit-Autonomie recht schnell ohne große Probleme wieder auf und folgte mir zur Decke. Jojo hingegen sah gerade noch, wie das Kind in ein höher gelegenes Becken stieg und die Rutsche einweihte. Leider endet diese in etwas tieferem Gewässer und er kann nicht schwimmen. Nachdem einige umstehende Erwachsene das Kind über Wasser hielten und nun auch Jojo mit einem Hechtsprung anwesend war gab es erstmal Ärger vom Bademeister und auf der Decke dann von Mama.

Die sinnvolle Investition in Schwimmflügel wurde nun aus Sicherheitsgründen dankbar angenommen.

Vom Ältesten haben wir den ganzen Tag nur zwischendurch mal was gesehen, er rannte herum und klinkte sich beim Beachvolleyball und Fußball ein.

Beim Mittleren ging es eigentlich vorwiegend darum, ihn davon abzuhalten, ungesehen Mist zu machen, dagegen ist der Kleinste wirklich pflegeleicht.

Alles in allem war der Tag sehr anstrengend, aber schön. Wir hatten viel Spaß, vor allem, als wir Freunde mit Wasserkanonen trafen, sind Groß und Klein zu Höchstform aufgelaufen. Auch der Grund für die Verspätung, der sich als nächtliches Proviant backen herausstellte, war durchaus vertretbar, da sehr sehr lecker.

Ein gelungener Tag also, ich freue mich aufs nächste Mal.“
Text: Claudia Sch.

Vier Wochen Deutschunterricht – Rückschau und Vorschau

Jost berichtet:
06.07.2015

„Seit nun vier Wochen findet unser Deutschunterricht statt. Wir haben mit einer großen Gruppe von 30 SchülerInnen gestartet und nach stetigem Zuwachs eine zweite Gruppe mit dem Schwerpunkt „Alphabetisierung“ ins Leben gerufen. Zudem haben wir nach nicht einmal einer Woche eine organisierte Kinderbetreuung anbieten können, damit unsere deutschlernenden Eltern die Verantwortung für ihre Kleinen für kurze Zeit an helfende Hände abgeben können.
Ich schreibe hier als Organisator und nicht als Lehrer und möchte daher an dieser Stelle das Wort an das tolle Team weitergeben, welches letztendlich den großartigen Erfolg der letzten Wochen ermöglicht hat. Ich habe die Lehrer*innen sowie die Betreuer*innen gebeten, in einem Satz ihren Eindruck der letzten Wochen zusammenzufassen:
Oriol: „Sich jede Woche auf Überraschungen einstellen, dann beim Reingehen freundlich begrüßt werden, bei einer geglückten Erklärung Dankbarkeit bekommen und mit einem Lächeln verabschiedet werden.“
Lea: „Kommunikation mit Händen und Füßen schafft sehr viel plötzliche Vertrautheit und sorgt für erheiternde Momente im Klassenzimmer.“
Leo: „Das Großartige am Deutschkurs ist, die immensen Fortschritte und den Spaß am Lernen der Schüler beobachten zu können und daran eine kleinen Anteil zu haben!“
Lydia: „Man kommt rein, begegnet offenen herzlichen Menschen. Phasen des Konzentrieren und Lachens wechseln sich ab und wie Freunde verbringen wir eineinhalb Stunden miteinander. Gehe jedes Mal mit einem Lächeln auch wieder raus und freue mich auf die nächste Woche.“
Bity: „Oft war ich nachmittags vor dem Unterricht schon müde von der Arbeit und habe mich gefragt, ob ich noch genug Energie habe, um nun auch noch Deutsch zu unterrichten. Aber schon von Beginn des Unterrichts an bin ich hellwach und danach wieder voller Energie, da die Lernbereitschaft der Flüchtlinge einfach ansteckend ist und man mit jedem neu gelernten Wort tatsächlich auch ein bisschen mehr persönlich voneinander erfahren kann.“
Steffen: „Hallo, ich bin Steffen und kümmere mich hauptsächlich um die Kinderbetreuung, springe aber bei Personalmangel auch gerne als Lehrer ein. Die Kinderbetreuung beinhaltet die Versorgung und Pflege von Kleinkindern, bietet aber, auch für ältere Kinder, vor allem Unterhaltung & Spaß und soll zudem einem spielerischen Einstieg in die deutsche Sprache dienen.“
Der Kurs wird noch bis in den September hinein andauern und es wäre doch ein erfreuliches Ziel, dass unsere Schüler*innen in Zukunft auch einen Satz über ihre Eindrücke verfassen können. Ein weiterer Kurs ist für den August geplant. Genau dafür suchen wir zur Zeit noch einige potentielle Lehrer*innen und ich hoffe mit diesem Eintrag die Lust auf und das Interesse an Deutschunterricht bei ein paar von euch geweckt zu haben. Ich freue mich auf die nächsten Monate und auf eine fortlaufende tolle Zusammenarbeit mit allen helfenden Händen.
Bis bald, Jost“
Text: Jost-Benedikt Rudloff